Verehrtes Auditorium!


Wir stehen heute hier als Repräsentanten, die nun nach 13 Jahren mühseliger, ohne zu übertreiben, von welchem Standpunkt man es auch betrachtet.

Wir haben die Aufgabe, Ihnen rückblickend und das auch noch in differenzierter Art und Weise unsere Schullaufbahn, und das freut uns sehr.

Daher lässt es sich auch nicht vermeiden, Kritik, Überbewertung wäre hier völlig fehl am Platz.

[Pause]

Soviel zur Pisa-Studie.

[Pause]


Die meisten von uns waren wohl schon einmal hier in der Turnhalle. – Damals, zu Beginn der 5. Klasse war die Aufregung bei Schülern und Eltern allerdings um einiges größer, da die Umstellung von Grundschule zu Gymnasium für viele ein Süprung ins kalte Wasser war und da wir im Gegensatz zu heute nicht so recht wußten, was uns erwarten würde.

Es hat sich aber auch in den folgenden Jahren noch einiges verändert. Der folgenreichste Einschnitt war sicherlich der Personalwechsel im Direktorat: Der traditionell humanistische Führungsstil wich nauturwissenschaftlichem Pragmatismus. Der Versuch, die Schule moderner und attraktiver zu gestalten und zwar auf Kosten der althergebrachten Werte stieß in Teilen der Lehrer- und Schülerschaft auf Unverständnis und Ablehnung. Nichts desto trotz gelang es mit der Zeit zu einem – wie wir meinen – annehmbaren Kompromiss für beide Seiten zu gelangen.

Der Modernisierungskurs läßt sich am deutlichsten an äußerlichen Veränderungen der Schule feststellen (die folgende Bestandsaufnahme, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit uns Seriosität):

Innerschulische Randgruppen wie Fahrradfahrer und Raucher werden durch Einrichtung weißumrandeter Zonen systematisch ghettoisiert, positiv zu bemerken sind hierbei die neu geschaffenen Stzgelegenheiten im Raucherbereich.

Zudem gibt es einige neu renovierte Toiletten und die Dauerausstellung zur Schulgeschichte im Altbau, sowie einige frisch gestrichene Wände, die nach der Saubär-macht-Sauber-Aktion in erfrischenden Pastelltönen erstrahlen.

Man bemerke auch die jüngst holzvertäfelten, genoppten Handläufe an der großen Treppe in der Pausenhalle, die die attraktiven Gußbetongeländer erst richtig zur Geltung bringen. Unserer Meinung nach eine dringend benötigte Investition in Zeiten knapper Haushaltskassen.

Für die Sicherheit der gesamten Belegschaft wurde die Feuer-Alarm-Anlage runderneuert. Das neue Modell zeichnete sich anfangs vor allem durch die geringe Lautsärke aus, wodurch das reibungslose Fortführen des Unterrichts im eventuellen Brandfalle gewährleistet wurde.


Diese revolutionären Neuerungen konnten jedoch einige Pädagogen, die uns nachhaltig geprägt haben und inzwischen den wohlverdienten [hüsteln] Ruhestand genießen, nicht mehr miterleben:

Wir erinnern uns wehmütig dem plateauschuhtragenden, kauzigen Gunnar Bux, der uns das Erlernen der lateinischen Sprache durch unvergessliche Merksätze erleichterte: Der Bindevokal heißt immer -i-, vor -r- -e-, und vor -nt- -u-.

Gerne denkenwir auch an Dieter Bo – äh – Bathelt zurück, der uns als Bio, Chemie und Sportlehrer auf den rrechten Weg führte und sich uns durch seine vorurteilsfreie Aufgeschlossenheit gegenüber Mitmenschen zum Vorbild machte: Was macht der Schwarzarbeiter da auf unserem Königlich-bayerischen Rasen, oder is des a neuer Kollege?

Gefürchtet von Schülern jeder Jahrgangsstufe war zweifelsohne das Markenzeichen eines weiteren Unikats des Lehrkörpers: Der Pfiff des Horst Fischer, mit dem er schneeballwerfende Rebellen, fußballspielende Rabauken und kreischende Gören noch aus dreihundert Metern Entfernung zu Disziplin und Ordnung rief.

An dieser Stelle möchten wir selbstverständlich an unseren Direktor a.D. Werner Rehle, der seine Durchsagen noch selbst und ohne Hintergrundmusik ausführte ([klingeln]; Achtung, eine Durchsage: Ihre Schulzeit ist heute abgeschlossen. Danke, Ende.), und seinen Stellvertreter Wolfgang Kollmann, den Herrn über die vorläufig vorläufigen, endgültig vorläufigen, vorläufig endgültigen und endgültig endgültigen Stundenpläne, sowie den Vertretungsplan, erinnern.


Im Laufe der Jahre schieden noch einige altgediente Lehrkräfte aus, wodurch sich das Kollegium während unserer Zeit am Anna stark verjüngte und damit auch veränderte: Früher wäre es beispielsweise nie denkbar gewessen, dass der Mathematikunterricht mit Gitarre und Gesang bereichert wird. Hervorgetan haben sich die unverbrauchten Kräfte außerdem als Begleiter der Abifahrten, die überwiegend positiv in Erinnerung geblieben sind. Sie zeichnen sich zudem durch großes Engagement für die Schule außerhalb ihrer Unterrichtszeit aus.

Sie sind durchaus fähig einmal durchzugreifen; sie kennen die Regeln.


Wenn es um Regeln geht gibt es da noch die zwei Spezialisten, die das Bestimmungswirrwarr des Kultusmysteriums bezüglich der Kollegstufe, Zulassunsproblematik, Einbringungen usw. durchblicken und zu vermitteln suchen. Jedoch hatten einige Kollegiaten persönliche Probleme mit der speziellen Art und Weise des Dr.Werner Friedrich und des Hans K. Hirsch, was sich beim Aufeinandertreffen so vieler unterschiedlicher Charaktere nicht vermeiden lässt, aus denen sich – genauso wie das Kollegium – auch unsere Jahrgangsstufe zusammensetzt:


Bestiarium Gymnasii ad ecclesiam sanctae Annae

Typ 1: Mercator industrialis (Businessman); Merkmale: vom Lehrkörper äußerlich kaum zu unterscheiden; Anzug, Krawatte, Aktenkoffer, Laptop; organisatorische Umtriebigkeit; in Streßsituationen 3-Tage-Bart.

Typ 2: Discipulus vulgaris (Otto-Normal-Schüler); Merkmale: größtenteils gemachte Hausaufgaben; geringe Fehlzeiten; wenig aufsehenerregende Lebensweise, bleibt gerne im Hintergrund.

Typ 3: Adulescens tranquillum (Chiller); Merkmale: gewöhnungsbedürftiges Äußeres; häufiges Zuspätkommen; Gelassenheit, die oft als Desinteresse missverstanden wird.

Typ 4: Bestia excessa (Partylöwe); Merkmale: nachtaktiv; nur in Gruppen anzutreffen; setzt sich immer dem größtmöglichen Vergnügungsfaktor aus, folglich regelmäßiges Fehlen.

Es existieren auch Unterarten, sowie noch weitgehend unerforschte Spezies.


Obwohl diese unterschiedlichen Charaktertypen naturgemäß schwer zusammenpassen, gelang es doch in den letzten zwei Jahren, sie zumindest zu einem lockeren Verband zusammenzuschließen.

Das Verhältnis zu den Lehrern reichte in den Kursen von Kollegialer Atmosphäre zu kritischer Distanz. Leider hielt sich in manchen Kursen bis hin zum Abitur eine allgemeine Abneigung gegen die Kursleiter, die nach Meinung der betroffenen Schüler, teils auf fachlicher, öfter jedoch auf sozialer Inkompetenz begründet war. Sozial deshalb, weil in der Kollegstufe die pädagogische Komponente insofern hinter der sozialen zurücktritt, als der Lehrer gegenüber dem Schüler nicht länger die Rolle des Erziehers, sondern vielmehr die des Wissensvermittlers einnehmen sollte. Spätestens in der Kollegstufe dürfen die Schüler erwarten, als selbstverantwortliche Personen behandelt zu werden.


Es muss gesagt werden, dass obwohl die Abifahrten gut abliefen, es aber im Vorfeld schwerwiegende Probleme damit gab, die sogar dazu geführt haben, dass einige Kollegiaten nicht teilnahmen.

Trotz der Tatsache, dass sich in einer Abstimmung über die vierte Abifahrt mehr Leute für Griechenland als für die Toskana gemeldet hatten, wurde letztere seitens des Direktorats durchgedrückt.


Zum Schluß unserer Rede möchten wir uns bei verschiedenen Institutionen und Personen bedanken, die uns während unserer Schulzeit begleitet haben und auf diese Weise auch ihren Teil zu unserem erfolgreichen Abschluß beigetragen haben. Als da wären: Der alte Kaffeeautomat, zu dem einige Schüler schon fast eine persönliche Bindung hatten. Der BMA und alle seine Namen und Angestellten. Robert „Muaß I mal schaun“ Pfeil, der sicherlich noch im Keller ein paar frische Brezen für uns bereithält, vielmehr noch seinem unvergleichlichen Nachfolger Peter Böhrer, der neben seinem fantastischen Pausenverkauf (Die Schinkensemmel) durch großes Engagement dafür sorgte, daß schulische Sonderveranstaltungen ohne Probleme über die Bühne gingen. In diesem Zusammenhang gilt unserer Dank auch der SMV inclusive aller Hilfskräfte. Und natürlich im Namen aller hier anwesenden Schüler unserern Eltern, die ihre Mitschuld am heutigen Ereignis nicht verleugnen können.


Vielen Dank für ihre geteilte Aufmerksamkeit! Nach einem kurzen Applaus ihrerseits werden wir die Bühne verlassen.


L., J. & M., Juni 2003




Dieses Dokument entstand in einer wunderbaren Zeit. Das Wetter war phänomenal, die Stimmung prächtig, die Chancen und der Tatendrang gewaltig, ja geradezu maßlos.

Genauergesagt entstand dieses Dokument auf dem Balkon. Wenn ich mich recht erinnere, waren es drei großartige Nachmittage mit einem Stapel ungenutzer Bücher auf dem Tisch, dafür auch ein paar Flaschen roten Weins (der unvergessliche Santa Illana, Vino fino de Chile, Cosecha 2001, aus dem Valle del Maule, auch Norma genannt), den wir sehr wohl uns und dami seiner Bestimmung zuführten, anbei ein bisschen Snack Mix, und dem linierten Din-A-5-Heft mit Rand, das dieses gesamte Werk zuzüglich Stoffsammlung, Gliederung, gelangweiltes Geschmier, tausende Verbesserungen und natürlich auch einige Weinflecken aufsaugte und bis am Tag vor der Zeugnisverleihung als es abgetippt wurde und darüber hinaus (ja, es existiert noch) bewahrte.

Der Part mit den Abstimmungsproblemen bei den Abifahrten wurde an diesem Tage vergessen abzutippen und musste aus dem Rohtext gehalten werden, darum ist sein genauer Ort (mangels Gedächtnis) für mich nicht mehr verbürgbar.

Ich danke – wehmütig zurückdenkend – meinen geschätzten Kollegen für die geile Zeit bei der kongenialen Arbeit an der unbestreitbar besten Abiturrede der Welt bis in alle Zeiten!

M., März 2009