Betreff: Definierter Ekel

Von: Bank der Künste

Datum: 25.02.2004 14:09 CET


Ich werde dieses Gefühl nicht mehr los, daß jeder Versuch zu kommunizieren in sich schon zum scheitern verurteilt ist, denn das Medium nummer eins - Sprache - ist mehr als ich dachte insuffizient. Was auch immer einer wie auch immer versucht zu sagen, er wird doch nie erreichen, es so zu formulieren, daß es richtig verstanden werden kann, und zwar von jedem angesprochen und schon garnicht zu jeder Zeit. Exakte Definitionen helfen in Bereichen auch nicht weiter, in denen ebendiese zu Problemen führen. Meist ist alles überdefiniert. Dies bewirkt aber - der Natur der Sache entsprechend - keine Eingrenzung sondern eher eine Ausweitung des Wirkungsbereichs der Vokabel, da es aber oft um eine gesteigerte Genauigkeit gehen muß, ist man desöfteren gezwungen, ein Fachvokabular einzuführen, das dann - schon ab der ersten Verwendung von einem anderen - nach Strich und Faden verschmutzt, korrumpiert und für seinen eigentlichen Zweck unbrauchbar gemacht wird. Was ja noch gar nicht so tragisch klingt.

Doch hatte der Präger der Vokabel meist einen Gedanken auszudrücken im Sinn, der (Gedanke) durch seine Einzigartigkeit, Neuheit oder Ungewöhnlichkeit nur in einem neuen Wort, einer neuen Formulierung Platz finden kann. Man baut ihm eine eigene Welt, ein Haus, eine Hütte, um dann festzustellen, dass diese postwendend von anderen vereinnahmt, überrannt und vollgeschissen wird. Diesen Ekel verdaut man nicht so leicht. Man muss zugeben, dass die Hütte nun unbewohnbar geworden ist - zumindest für Exklusives Publikum, für das sie eigentlich gedacht war - und nurnoch von Banalitäten und Unzulänglichkeiten bevölkert wird. Und der Mief! Bis das alles wieder so wie früher wird, das wird eine harte Arbeit, wenn es denn überhaupt möglich ist, denn irgendeiner wird sich immer daran erinnern, wer dort einmal gewohnt hat und man weiß deshalb nie, ob diese nicht zurückkommen, sollte man deshalb nicht besser versuchen, eine neue Hütte zu bauen, doch - so, jetzt ist es soweit, diese Allegorie beginnt mich nun komplett anzukotzen, ich laufe schon wieder gefahr, als "schöner Wohnen" missverstanden zu werden, was vieleicht nicht zu vermeiden sein wird, denn wer sagt, daß jeder bis hierher weitergelesen hat und nicht schon im letzten Absatz aufgehört hat, weil ihm der Text zu trocken undoder verwirrend vorkam. Aber war der Text nicht genau für ihn bestimmt beziehungsweise ist der Text nicht für den, der ihn weitergelesen hat, nicht bestimmt, weil er sowieso schon begriffen hat, was er aussagen möchte und nur deshalb - aus Interesse - die Kraft und Überwindung aufzubringen, ihn weiterzulesen?

Kann man jemandem einen Sachverhalt erklären, den er nicht versteht? Ist es möglich, das er ihn richtig weitergibt, obwohl er ihn nicht verstanden hat? Wohl kaum, aber, was bringt dann Sprache, wenn die Erkenntnis der Unterhaltung vorausgehen muß? Man kann sich nur über Dinge unterhalten, die beiden Gesprächsteilnehmern bereits klar sind. Toll. Aber eben nicht ganz. Es ist ein äußerst kraftaufwendiger Akt, jemandem etwas neues zu verklickern, beide Seiten müssen sehr kreativ sein und aufeinander eingehen, es langsam abgrenzen und sichern, von unterschiedlichsten Seiten beleuchten, nur dann ist eine gewinnbringende Kommunikation.

Und da ich mich nun anhöre wie ein Vorwort in einem Lehrbuch für Sprachwissenschaften, gebe ich den aktuellen Versuch, die Welt zu verbessern, auf, werfe den Text in die Arena und sehe mir an, wie Ihr darauf Eure Notdurft verrichtet.

 

psycho


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