Nochmal Wahllisten

Ich hatte ja eigentlich gehofft festzustellen, dass totales Kumulieren, Panaschieren als die gangbare Lösung herausspringt, musste allerdings feststellen, dass sich daraus doch sehr große Probleme ergeben.
Das zentrale Problem ergibt sich aus der schieren Anzahl an Personen, die sich zu so einer Wahl stellt und über die man dann was wissen müsste. Und schon allein, wenn man sie nachwievor auf Parteilisten bündelte und somit auch vorselektierte, wäre ein ernsthafter Versuch, seine eigene Liste zusammenzuwählen ziemlich schwer.
600 Abgeordnete, jeder Platz von jeder Partei mit einem Vorschlag versehen, vereinfacht 5 Parteien, macht schon mal 3000 Namen auf dem scheiß Wahlzettel. Und was will ich denn erreichen?
Man merkt sich doch meistens nur ein zwei zehn besondere Personen, die man irgendwie gut findet im politischen Geschehen. Auf welcher Vermutung diese Einschätzung fußt, ist nicht von Belang. Wenn wir jetzt noch davon ausgehen, dass das bei vielen Leuten die gleichen Personen sind, wie diese Personenranglisten immer nahelegen.
Stellten wir also jetzt den Wählern die Aufgabe “wählen sie 10 Personen aus, denen sie für die kommenden paar Jahre die Entscheidungsgewalt im staatlichen Handeln anheimgeben wollen”, kriegen wir wahrscheinlich 30 Namen ausgespuckt. Von der Mehrheit. Alle anderen kriegen keine Stimmen. Von der Mehrheit. Aber von den Minderheiten. Würden wir also dann ein Parlament aus 100 Leuten aus den 10er-Stimmen der Bürger zusammenbauen, wäre es zu 70 Prozent mit Idioten.
Jedoch mit dem gravierenden Unterschied zu jetzt, dass diese Idioten extreme Idioten sind. Das funktioniert also nicht.
Jeder Bürger muss also einen kompletten Parlamentsbesetzungsvorschlag machen, aus dem man dann Mittelwerte bildet. Das bringt uns der Einfachheit halber wieder auf die Parteilisten. Nur entsteht dadurch wieder das Problem der Listenkompetenz. Diese beinhaltet Macht. Diese ist zu vermeiden. Man kommt wohl doch nicht am Kumulieren und Panaschieren vorbei. Das politische Personal wird also als Gruppe von Einzelpersonen betrachtet und diese in Wahlvorschlägen zusammengefasst.
Nur ganz so ist es eben nicht. Das Personal kategorisiert sich selbst und gruppiert sich, um dann wieder als Gruppe einen Personalvorschlag zu unterbreiten. Dass dieser nicht wirklich auf Kompetenz sondern zuallererst auf die vorangegangene Selbstkategorisierung. Wenn also einige Genitalpiercer die Partei der Genitalpiercer gründen, wird deren Vorschlag, wohlgemerkt für die Besetzung des gesamten Parlaments, vor allem darauf basieren, ob die Personen gerne Nägel in der Hose haben, aber über dieses der Tatsache keine Rechnung trägt, dass es sich um eine Ausgewogenheit verschiedener Kompetenzen und Befähigungen handeln sollte, die ein legislatives Gremium bevölkern.
Damit kommt man doch relativ direkt zu dem Gedanken, dass Parteilisten nicht zu trauen ist (nicht neu so als Erkenntnis in diesem Beitrag), hat aber vorher bereits feststellen müssen, dass es wohl nötig ist, Listen bereitzustellen.
Das führt uns zu der Frage, wo man denn noch Listen herbekommen könnte. Aber Gruppen kann man einfach nicht vertrauen. Trotzdem denken wir nochmal drüber nach. Wie wärs mit dem Medien. Gerne würde ich irgendwo Ulrich Wickerts Wahlvorschlag wiederfinden. Der wird nicht mehr banane sein, als die ganzen Parteilisten, hätte wohl dementsprechend auch nicht weniger Berechtigung, auf dem Wahlzettel aufzutauchen. Das gefällt mir.
Aber mir fällt noch nicht ein, wo man die Grenze ziehen kann. Denn mit Ulrich Wickerts Wahlvorschlag zieht gleichzeitig Stefan Raabs auch mit in den Wahlzettel ein. Das ganze wird mir auch langsam zu dumm. Je mehr man sich verkopft, desto mehr wird das ganze zu einem Dilemma.
Ich fasse jedoch zusammen. Listen sind wohl unumgänglich. Listen dürfen nicht unumstößlich sein. Bei Bedarf muss der Wähler bis ins Detail die vollständige Kontrolle über seine Stimmabgabe haben. Es sollte auch über zusätzliche Mechanismen der Eindämmung von hierarchischen Strukturen, die mit der Entstehung offizieller (also Wahlgezettelter) Listen zu tun hat.
Achja, und außerdem sollte man das Parlament wohl verschlanken. Warum so viele Abgeordnete?

Kategorie: Polito-Programmatisches 2 Kommentare »

2 Reaktionen zu “Nochmal Wahllisten”

  1. Tobias Wichtrey

    Eine schnelle, nicht weiter überdachte Idee meinerseits wäre, die Liste einer jeden Partei von den jeweils anderen Parteien zusammenstellen zu lassen.

  2. psycho

    Hehe, ja klar. Das würde natürlich ganz ganz spitze funktionieren. Aber in jeder Partei gibt es so viele Mitglieder, die man am besten nie in irgendwelchen Gremien findet. In manchen Parteien sogar ausschließlich.


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