Archiv für Januar 2012


Ein Gespräch

14. Januar 2012 - 17:40 Uhr

Wie ist das eigentlich, fragte er den Professor, wenn so ein Flaschengeist grad keine Wünsche erfüllen muss; hat der dann frei? Geht der dann mit seinen Kumpels zum Tanzen? Und wenn er dann wieder ran muss, muss er dann alles stehen und liegen lassen in seiner Dimension und rüberhasten zum Gebieter?
Ach, weißt Du, meinte der Professor, im Grunde ist es doch ein ganz schön plattes Weltbild, das die Ökos da haben. Ein verzweifelter Festklammerversuch am status quo von Leuten, die nicht mit Veränderungen umgehen können.
Die zukünftige Welt, die sie sich vorstellen, können sie sich in ihrer eingeschränkten Phantasie nicht lebenswert machen und darum rauben sie in ihrem rücksichtslosen Egoismus künftigen Generationen die Chance, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Diese Fortschrittsfeindlichkeit zwängen sie anderen mit der anthropozentrischen Horrorvision auf, die Menschheit werde sich hungernd in völkerwandernden Kriegen gegenseitig zermürben, bis sie sich ihrer klimatischen Lebensbedingungen selbst entledigt und so den Exitus des Homo Sapiens besiegelt haben würden.
Wer der Ökoideologie nicht folgt, wird nicht mit argumentativen Überzeugungsansätzen bedacht, sondern aus einer arrogant pseudoaristokratischen Position heraus zum teuflischen Weltzerstörer herabgestuft.
Und das nur, weil man – wohlgemerkt dem evolutionären Plan folgend – auch umsetzt, was möglich ist.
Wer gibt denen denn das Recht, sich als was besseres zu gerieren, nur weil sie meinen, die geistige Rafinesse zu besitzen, auf wissenschaftlicher Logik basierende Hypothesen über weit in der Zukunft liegende Ereignisse anzustellen, und die charakterliche Größe, diese in ethische Handlungsvorgaben umzusetzen, deren eventuell so verhinderte Konsequenzen sie sowieso erst nach ihrem statistischen Ableben zu spüren bekämen!?
Wo kommt denn bitte der ganze Wohlstand her, in dem sie sich selbstgerecht fortschrittsasketisch hinstellen und einen selbst aungebauten vegetarischen Braten in einem Solaröflein backen, mit dem sie den Hunger in der dritten Welt stillen wollen?
Sie haben sich lediglich dazu entschlossen, ihr Leben in einer unglaublich unpraktischen Weise führen zu wollen, meinetwegen, aber sie können nicht von mir verlangen, mich genauso dumm zu verhalten.
Wenn man freiwillig auf alles verzichtet, was das Leben angenehmer macht, nimmt sich das alles halt einfach jemand anders.
Erstaunlich, zugegeben, wenn man es trotzdem durchhält, abstrakt-irreale Lebensbedingungen anderer zur Grundlage für moralisches Handeln und daraus folgenden Selbstverzicht zu machen.
Es ist aber doch kein Konzept, lediglich auf Verdacht allem zu entsagen, was möglicherweise irgendwelchen hehren Idealen widersprechen könnte – und das auch noch in einer so fernen Zukunft, dass dies alles per se nicht verifizierbar ist.
Das ganze mag unter diesen konstruierten Bedingungen zwar gut und richtig scheinen, die eigentliche Frage ist aber: wie weit ist man verpflichtet vorauszudenken, um seine Handlungen moralisch zu begründen und wie pessimistisch muss man seine Annahmen anlegen.
Es ist nämlich gerade der Optimist, der sich eine so freie Geisteshaltung bewahrt, dass sein Machbarkeitsglauben im Endeffekt Auswege aus der Misere aufzeigen könnte. Der Pessimist hingegen verharrt in seiner Starre und vorgefertigten überkommenen Denkmustern und landet – da er den Fortgang der Welt dennoch nicht stoppen kann – so in seiner selbstgestellten Falle.
Öko oder nicht – ich weiß, auf welcher Seite ich stehen will!

Am 8.1.12 auf Bank der Künste veröffentlicht.

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Wahrnehmungsschwellen

12. Januar 2012 - 20:02 Uhr

4.12.11 22:15 Wahrnehmungsschwellen gibt es ja viele. Für Musik sind es mal mindestens zwei: zum einen die organische.
Ist Musik zu leise ̣– zum Beispiel weil sie zu weit entfernt ist oder weil man eine Mütze trägt, während man in einem Atombunker einem Freiluftkonzert lauscht –, so 6.12. 20:17 ist möglicherweise der auf dem Trommelfell auftreffende Schalldruck zu gering, als dass er vom sensorischen Hintergrundrauschen unterschiecden werden kann und der interpretierende Cortex im Gehirn antwortet – von seinem Standpunkt aus zurecht – mit Stille, die man dann hört. Wahrnehmung ist also Illusion.
Nicht auf Illusion basiert allerdings die zweite Schwlle der Musikwahrnehmung: die intellektuelle.
Ist die absolut objektiv messbare geistige Disposition für das Verständnis von Musik auf eine Ebene festgelegt, die von der auftreffenden Musik überschritten 21:49 wird, so wird der Rezipient nur über “Geräusch” informiert werden. Dies ist ein vergleichbarer Fall mit dem umgekehrten Atombunkerhören, wenn man immernoch im Atombunker sitzt, diesmal aber eine Band in der Mütze hat und einem aus Platzmangel eine der Trompeten direkt ins Ohr föhnt. Auch hier wird einen das Geräusch dermaßen überfordern, die 11.12. 15:33 Intensität aus dem Meßbereich herausklirren, dass man auch nur auf schmerzhafte Weise von einem nichtmal mehr näher zu bestimmenden Geräusch Kenntnis erhält.
Ein ähnlicher Schmerz tritt lustigerweise auch beim Unterschreiten einer bestimmten Wahrnehmungsschwelle auf, nämlich der unteren intellektuellen, wenn der Geist sich Phantombeine ausreißt, um Geräusche, die sich 2.1.11 [gemeint ist ’12] 25:46 Belgrad nachdrücklich als Musik bezeichnen oder von dritten so behandelt werden, auch eigenständig als Musik identifizieren zu können und anschließend feststellt, dass es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt.
Nun wird man vom Wahrnehmungszentrum allerdings nicht über “Stille” informiert, da die organische Hörschwelle ja überschritten wird. Dies ist umso mehr der Fall, als das Unterschreiten der intellektuellen Wahrnehmungsschwelle für Musik in signifikanter Weise ganz unstillig mit dem Überschreiten der organischen Pegelschmerzgrenze einher geht.
Während die organischen Schwellen, so sie sich verschieben, eher das Wahrnehmungsband verschmälern, kann die intellektuelle Wahrnehmung durch gezieltes Übersteuern (was im anderen Falle tunlichst zu vermeiden ist) ausgedehnt werden. Auch gelegentliches aufmerksames Untersteuern führt bisweilen zum Abbau der Berührungsvorbehalte und in manchen Fällen zu einer strukturellen Anreicherung des Interpretationsumfangs im Wahrnehmungskortex.

Am 6.1.12 auf der Bank der Künste veröffentlicht. Die Seite ist im übrigen uneingeschränkt empfehlenswert.

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