Archiv für September 2009


St. Perlachin

29. September 2009 - 17:09 Uhr

Heute hab ichs doch mal wieder geschafft, zur Feier meines Namenspatronen an den wunderschönen Rathausplatz zu gehen und der dortigen Zeremonie beizuwohnen. Glücklicherweise waren diese geschwürverursachenden selbsternannten Zeremonienmeister eines lokalen Radiosenders mit den angeblich besten Hits aus so manchem Jahrzehnt und einer subjektiven Gegenwart nicht anwesend, was wiederum versprach, dass die Veranstaltung in unaufgeblasener Beschaulichkeit und Tradition ablaufen könnte.
Einen Schock verlebte ich erst, als ich dann zum Turm hinaufblickte und – von seitlich kommend – keinen Blumenkranz um das bewußte Fenster vorfand. Haben diese Idioten tatsächlich den eigentlichen Feiertag zugunsten einer (nichtmal ernsthaft als kommerziell zu bezeichnenden) Wochenendbedeppung wegrationalisiert?
Nein, pflichtschuldig führen sie auch am 29.9. um 12:00 h das Prozedere aus. Aber eben nur pflichtschuldig!
Mir dieser inflationären Pseudo-Event-Wochenendfüll-Spaß-Bedeppung bedient man nur die Geltungssucht dieses oben genannten Hörfunkunternehmens und so eines regionalen, täglich erscheinenden Printmediums. Zugegeben, das schadet noch keinem und ist noch kein Grund sich ernsthaft drüber aufzuregen, zumal so vielleicht auch mal noch ein schulpflichtiges Kind in den Genuß einer 12 Uhr-Vorstellung zu kommmen die Möglichkeit hat. Vor allem der Kinder wegen, ist dieses Schauspiel ja so schön. Und wenn einer meint, um so eine kurzszenische Nichtigkeit ein tagelanges Event entspinnen zu müssen, bitteschön!
Aber dann dem eigentlichen Feiertag noch mit der ihm zugedachten Blumenbekränzung die letzte Würde zu nehmen (die großspurig am Wochenende vorhandene “Sicherheitsabsperrung”, die die Kinder vor der Straßenbahn schützt oder umgekehrt, war trotz Vorstellung auch nicht mehr da, genausowenig – leider – wie ein Heliumballonverkäufer), zeugt von einer unsäglichen und völlig maßbefreiten Kulturignoranz aller Beteiligten, denn allein diese Kleinigkeit hätte über den Irrsinn am Wochenende hinwegtrösten können, ihre Abwesenheit potenziert die verheerende Wirkung.

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Der Becher

15. September 2009 - 15:03 Uhr

Ich war letztens auf einer Party. Und zu Beginn habe ich einen oder mehrere Becher Wasser getrunken. Handelsüblicher Plastikbecher. Während des Trinkens musste ich feststellen, dass sich mein Becher komisch verhielt, jedenfalls nicht so wie ich es erwartet hatte. Er erfüllte – um das vorwegzunehmen – seine Aufgabe als Becher voll und ganz.
Aber er bounzte, er federte in sich, wenn man ihn in der Vertikale bewegte, genauergesagt der Boden federte, und das über ein sehr breites Füllstandsspektrum. Das war mir vorher noch nie aufgefallen bei solchen Bechern. Ich überprüfte gleich noch den Becher eines Mitbecherers und stellte fest, dass nur mein Becher diese Eigenschaft besaß.
Ich stieg dann auf Bier um. Dann stieg ich auf Wein um und fand meinen Becher glücklicherweise noch an dem Ort vor, an dem ich ihn zurückgelassen hatte. Somit konnte ich die Versuchsreihe gleich fortführen und Vergleiche mit allen anderen Bechern, die so in Benutzung waren, anstellen. Es war nur meiner der Bounz-Becher.
Etwas später ereignete es sich, dass mein zu diesem Zeitpunkt unbeaufsichtigter Becher bei einer Ordnungsaktion entsorgt wurde. Das war natürlich traurig, trotzdem benutzte ich einfach einen neuen. Einen normalen.
Ich hatte mich schon damit abgefunden, als das Schicksal nochmal eine elegante Wendung vollführte. Mir war jedenfalls danach, vor dem nächsten Becher Wein noch einen Becher Wasser zu trinken. Nichts besonderes an sich, auch nicht anspruchsvoll, man muss sich schließlich nur etwas anderes einschenken (ich befand mich im Ein-Becher-System).
Fortuna allerdings sorgte dafür, dass mir nochmal Wein nachgeschenkt wurde, bevor ich das verhindern konnte. Naja, ehrlich gesagt bin ich mir nicht mehr sicher, ob sie wirklich Fortuna hieß.
Auch das nahm ich einmütig hin, wie den Verlust des Bechers vorhin. Wie die Entscheidung für den neuen Becher, deuchte mir unter diesen Voraussetzungen am sinnvollsten der Umstieg aufs Zwei-Becher-System, das bis dahin nicht nötig war. Ich ging also los, mir fürs Wasser einen neuen Becher vom Stapel zu nehmen. Es war ein Bounz-Becher.

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Unkommunikativ

14. September 2009 - 15:22 Uhr

29.8. 18:37 Rathausplatz Einfachheit. Kommunikation. Schwer in Einklang zu bringen. Sagen wir so, ich weiß es nicht, ob es einfach ist. Ich habe offenbar manchmal Probleme damit. Ich weiß allerdings leider auch nicht genau warum.
Nicht, dass ich jetzt behaupten würde, dass ich Probleme damit hätte, zu kommunitieren. Das fällt mir meist garnicht schwer. Und es geht auch nicht darum, dass mir manchmal bestimmte Worte fehlen, auf die ich einen Satz anfangs ausgelegt hatte, denn oft finde ich wenigstens noch rechtzeitig eine Umwegskonstruktion, die das ganze noch retten kann; noch dazu kann man im schriftlichen Fall meistens lange genug warten, dass es einem doch noch einfällt – oder man manchmal feststellt, dass es das gesuchte Wort so nicht gibt und man mehr der Idee eines Wortes oder Wortfeldes verfallen war.
Das bringt mich nun schon näher ans eigentliche Problem: Ist präzise einfach, ist einfach präzise und ist überhaupt präzise präzise? Und was, wenn man nicht wirklich präzise sein will, wie exakt kann man einzelne Bedeutungen ausschließen, andere aber zulassen, ohne dass die Einfachheit leidet? Und wie viel Bedeutungsvielfalt darf man umgekehrt in fremde Sätze hineininterprätieren, wie stark ist das Vordergründige zu bewerten?
~19:03 sonnenbedingt Rathausportal Das alles ist in laufenden Unterhaltungen seltener ein Problem, denn einerseits schrumpft in Echtzeit meist die Hintergründigkeit auf ein leicht verständliches Maß, zumal man auch noch zusätzliche Parameter fürs Verständnis dazugeliefert bekommt.
Doch je wichtiger für mich die Inhalte werden, umso größer werden für mich die Probleme, besonders dann, wenn ich an einer freien Kommunikation gehindert werde. Hinderungsgründe sind beispielsweise der Mangel an Zeit oder Gelegenheit fürs Thema, schlimmer noch, keine Möglichkeit, es offen zu behandeln oder – bei nicht-mündlicher Kommunikation – lange Zwischenzeiten im Dialog.
8.9.9 20:39 Weil dann fange ich irgendwann an, die Zwischenzeiten mit einer möglichen Funktion zu versehen.
11.9.9 20:44 Jaja, und denke drüber nach, ob der andere vielleicht garnicht mit mir reden will und fange an, Beweise dafür zu suchen. Vornehmlich in den letzten Unterhaltungen. Da wird dann jedes Wort mit einer Zweit- und Drittbedeutung aufgeladen. Da wird aus einer belanglosen Bemerkung meinerseits prötzlich eine fiese Beleidigung – eine ungewollte dieses Mal. Und in genauso unschuldigen Sätzen tut auch mein Gegenüber seinen Unmut kund über meine ganze Art und alles, was in unserer gemeinsamen Zeit so war und kündigt mir regelrecht die Freundschaft.
Dass mir das während des Gesprächs nicht aufgefallen ist! Das hätt ich doch merken müssen und außerdem waren die Zeichen die ganze letzte Zeit doch überdeutlich!
Naja, um das zu Ende zu führen, habe ich mir wohl einen von der Gesellschaft unaghängigen Gesprächs- und Kommunikationscodex gebastelt, nach dem sich zu verhalten ich offenbar auch von anderen ungerechtfertigterweise erwarte. Insbesondere haben Paussen eine starke Bedeutung, die andere nicht zu teilen scheinen (ich glaub manchmal auch nicht) und deren Auftreten mich immernoch regelmäßig in Verwirrung und Verzweiflung stürzt.
Von wegen lernfähig!

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kleines Protokoll

13. September 2009 - 14:38 Uhr

24.8.9 19:37 Ich muss jetzt mal was aufschreiben. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaub, ich mag sie nicht. Drei Pärchen im Biergarten plus 3-4 Kinder und ein hässlicher Hund mit soner verschrumpelten Boxnase- Nicht zu vergessen das Au-pair-Mädchen aus dem Osten, das immer großspurig auf Englisch herumgescheucht wird. Wobei herumbescheucht schon etwas hart ist. Es ist ja normal, dass das Mödchen die Kinder am Spielplatz beaufsichtigt, während die anderen beim Bier sitzen. Das sieht nur von außen immer ein bisschen doof aus.
Naja, das ist ja auch nicht das, was mich stört, es ist das ganze Gehabe, das Gelaber, die Optik.
Jetzt stell ich fest, es ist ein Mann zuviel da. Ich hab in diesem Einheitslook zwei Männer für einen gezählt. Was daran noch lustiger ist, ist die Tatsache, dass das Au-Pair eigentlich die Freundin von dem Überzähligen ist. Ein Küsschen auf die Glatze dieses glücklich klugscheißenden Vaters hats verraten. Lustig genug ist eine Liaison, in der man die Geliebte für ein Au-Pair halten kann. Allerliebst. Er hat ihr auch keinen Platz gemacht, als sie sich hinsetzen wollte, das mussten die Freunde auf der [Bank] gegenüber machen. Und als der kleine Windelscheißer wieder losrannte: kein Zucken. Sie muss hinterher.

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Positive Umdeutung

12. September 2009 - 14:38 Uhr

Mir wurde letztens nahegelegt, als ich mich mal wieder über den traurigen Verlust der einzigen Baseball-Cap, die ich jemals mochte, der sich auf der Fähre im Mittelmeer zu Zeiten der Abifahrt ereignete, mir vorzustellen, dass da dieser arme afrikanische Junge am der Küste sitzt und sich auch tierisch über die Rockport-Cap freut, weil sie so wunderschön ist, und das Schicksal sie ihm gebracht hat.
Das will ich versuchen.

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Die Genese der englischen Sprache

11. September 2009 - 14:38 Uhr

15.8.9 7:15 Via Mala Wir beginnen im alten Ägypten. Ein kluger Mann diktiert seinem Schreiber “Auge Auge Pyramide Schakal”. Dieser ritzt selbiges geduldig in seine Tontafel, wobei das aber eigentlich garnicht seine ist, aber das ist auch momentan wirklich nicht wichtig.
Szenenwechsel. Oxford, irgendwann, auf jeden Fall wars noch recht früh am Tag- Wir wohnen der Geburt der englischen Schriftsprache bei, die logischerweise noch nicht existierte und damit auch nur wenigen vorbehalten war.
Einer von diesen war der Schweiber, den es auch in dieser Szene wieder gibt.
Er hatte im Bus mal eine liegengebliebene Zeitung gefunden und sich so in diese Struktur aus immerwiederkehrenden Zeichen verliebt, dass er beschloss, Schreiber zu werden.
Nun konnte man das damals nicht erlernen. Die Gründe hierfür sollten aus dem bisher erzählten mit einigem guten Willen erschließbar sein. So bewarb er sich ohne umschweife – schriftlich – bei dem Edelmann, der in der aktuellen Szene sein Diktator sein soll.
Dieser er hat ihn sofort in seine Dienste genommen, weil er von dessen Kunstfertigkeit schwer beeindruckt war – läuft nun im Schreiberaum auf und ab und diktiert, was seine Rhetorik nur so hergibt, während der Schreiber all dies geduldig auf Rinderhäute pinselt. Auf den Kalauer mit dem Ortsnamen kann man hier getrost verzichten.
Für unsere Geschichte entscheidend, zumindest interessant, ist allerdings, dass der Schreiber ob der immensen Redefließgeschwindigkeit des Edelmannes – vermutlich der Verlangsamungsprophylaxe durch mittels Reduktion auf die nötigsten Casus quasi vorgebeugten Wörter geschuldet – sehr bald einen Majuskelkater bekam und sich fortan fast ausschließlich auf Kleinbuchstaben beschränkte.
12:15 Am wichtigsten ist allerdings, was sich zwischen den Zeilen tat; denn in seiner Liebe zu den Symbolen im allgemeinen war unserem hochgeschätzten Schreiber noch nicht die Idee gekommen, diese systematisch zu verwenden, im speziellen nicht, die Buchstaben – in diesem Zusammenhang vielleicht besser als Foliantensingaturen bzw. Papyrographien bezeichnet – mit Lauten zu identifizieren.
22.8. 13:20 Ligurien So entstand eine Schriftsprache, die eine große Unabhängigkeit zur gesprochenen besitzt, gleichzeitig aber in sich nicht genug Systematik besitzt, um aus sich selbst entwickelt zu werden.
Der Siegeszug dieser Schriftsprache war indes nicht mehr aufzuhalten, denn – geschuldet der narzistischen Begeisterung für seine eigenen Worte (er hatte inzwischen sein gesamtes Vokabular diktiert und auch inhaltlich die ganze Größe seines Geistes leuchten lassen) – begann der Edelmann mit Feuereifer lesen zu lernen, indem er seine Reden nochmal durchdachte und gleichzeitig die Federzeichen dazu betrachtete.
Mit der Zeit entwickelte er eine tiefgreifende paranoide Furcht, der Schreiber könnte sich durch die nun ermöglichte Konservierung seines Gedankengutes bemächtigen und mittels seiner Gelehrtheit zu Ruhm und Ehre gelangen, während er selbst betrogen um sein geistiges Eigentum zurückbliebe.
Folglich ließ er ihn auspeitschen und am nächsten Tag ins barbarische Frankreich ausweisen, das unserem Edelmann kulturelles Ödland deuchte.
Nicht zu erwähnen, dass der Schreiber es fertigbrachte, angefüllt mit neuen Ideen bei den dortigen Fürsten vorstellig zu werden.
17:30 Schweiz Der Edelmann seinerseits war so stolz auf seine eigene Erfindung der Schriftsprache, dass er vor lauter Eitelkeit ein immenses Programm auflegte, um der breiten Öffentlichkeit ds Lesen beizubringen und steigerte so das Bildungsniveau beträchtlich.
Die Refinanzierung seines Projektes ward dadurch gesichert, dass in Ermangelung sonstiger Literatur alle Leseschüler sein Buch kaufen mussten. Dessen Inhalt hatte allerdings keinen weiteren Fördereffekt auf das Bildungsniveau.

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Zitat des Zeitpunkts “Trinken”

10. September 2009 - 14:38 Uhr

Zuviel kann man wohl trinken, doch nie trinkt man genug.
G. E. Lessing

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Umlauf, Umlaut, usw.

9. September 2009 - 14:46 Uhr

8.8.9 20:35 Zwei ganz wichtige Meldungen:
Ich habe schon den dritten Speichenbruch am Hinterrad dieses Jahr. Das ist schade.
Denn erstens schlackert das Fahrrad dadurch, also durch den resultierenden Achter sehr beim freihändigfahren, was ja die bevorzugte Fortbewegungsart ist. Und das wirkt sich besonders stark auf den Geradeauslauf aus, denn bei Kurvenfahrten sind die verbleibenden Speichen besser bespannt, wie mir scheint. Ich denke, die Häufung resultiert aud der hohen (Vor-)Spannung durch den bestehenden Achter in der Felge.
20:50 Umlaut kommt ohne Umlaut aus. Das ist die zweite wichtige Meldung.
Man muss sich das vor Augen führen, indem man beispielweise mal versucht, “Ypsilon” ohne Ypsilon zu buchstabieren. Genausogut könnte man das mit “Buchstaben” probieren.
Aber im Endeffekt bringt das ja nichts, lediglich den Vorteil, an fremdartigen Tastaturen Umlaute diskutieren zu können.

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