Ausgewürzt

Jaja, Spice gibt es nicht mehr. Schade eigentlich, denn ich hatte bis jetzt noch nicht mal Lust, es zu probieren. Es war ja klar, dass da was nicht stimmen kann. Und dann hab ich noch ein Video mit Christian Rätsch gesehen, der auch nicht wußte, was es hätte sein können, das macht vorsichtig.
Aber nett anzuschauen ist es ja immer, wie souverän die Politik damit umgeht. Da muss man tatsächlich wieder einen Eilantrag auf Verbot einer Substanz machen und so. Das ist ähnlich professionell wie diese riesen Abgasplaketten, mit denen man die Windschutzscheiben von Autos vollklebt, anstatt dass man die ASU- oder HU-Plakette mit einer weiteren Information versieht…
Jetzt hat doch die Caritas einen Vorkongress zum internationalen Drogenkongress (Neuverhandlung internationaler Drogenpolitikansätze) der UN geschalten und schonmal zu Anfang festgestellt, dass der seit den 70ern gepflegte Repressionsansatz gescheitert sei. Ein wahres Wort. Zu diesem Thema hab ich dann ein Interview mit der deutschen Drogenbeauftragten Bätzing im Radio gehört, das durch eine absolut wortverhülste Ignoranz gegenüber den gestellten Fragen eine Kombination aus einerseits Inkompetenz und andererseits vollständigem Fehlen von Bereitschaft zum selbst geforderten Umdenken offenbart. Ich versuche, im folgenden einige Stilblüten mit einer kommentierten Zusammenfassung zusammenzutragen:

Frau Bätzing meint, eine Kehrtwende in der Drogenpolitik sei nötig, im März werde über die 10-jährige Erfahrung mit einem UN-Programm zur Reduzierung des Angebots und der Nachfrage nach illegalen Drogen, der Beseitigung des Anbaus von Drogenpflanzen und zur Annäherung an das Ziel einer weitgehend drogenfreien Welt. Die Erreichbarkeit des Ziels stellt sie ja selbst schon infrage und ich möchte zusätzlich noch bezweifeln, ob das Ziel überhaupt erstrebenswert ist, auf die zukünftige friedliche Eintracht der gesamten Menschheit mit einer Seltersflöte anzustoßen.
Es gebe noch immer Drogenpflanzenanbau in Afghanistan, außerdem Vorläufersubstanzen, was auch immer das heißen mag, das heiße, es gebe immer noch sehr, sehr viel zu tun, weil es sei lange ein Krieg gegen die Drogen geführt worden, anstatt die Probleme zu verstehen, die hinter dem Konsum von Drogen steckten. Also von daher sei da einiges noch zu tun. Aha, weil man endlich verstehen will, was hinter dem Drogenkonsum für Probleme stehen, muss man sich mit dem Drogenanbau in Afghanistan eingehender befassen, was der Krieg gegen Drogen natürlich nicht getan hat, der ja vornehmlich Coca-Pflanzen in Bolivien bombardiert hat.
Auf die Frage, ob das heiße, die seit den 70ern verfolgte Politik, die sich auf Strafverfolgung konzentrierte, sei gescheitert, lautet die klare Antwort: “Also seit den 70er-Jahren gibt es die Strafverfolgung, das ist korrekt, und seit 1998, also seit etwa zehn Jahren, gibt es einen ausgewogenen Ansatz.” Bei dem gehe es um Angebots- und Nachfragereduzierung, diesen müsse man noch stärker ausbauen. Es gehe hier darum, die Armut in diesen Ländern zu beseitigen, nicht einfach Drogenpflanzen rauszureißen oder nun Drogenhändler zu bestrafen. Dann gelänge es uns auch, den Drogenanbau zu reduzieren. Gut, jetzt wird mir also langsam klarer, was man mit Nachfragereduzierung meint.
Und die internationale Rolle Deutschlands dabei bis jetzt? Deutschland sei sich der Probleme dort und vor allem der Verantwortung, zu ihrer Lösung beizutragen ganz, ganz (ach, wie putzig!) bewusst. Wir kümmerten uns darum, erst gar keine Gründe entstehhen zu lassen, Drogen konsumieren zu wollen. Wer soll das nicht wollen sollen? Der Afghane? Der Deutsche? Wir hätten selbst ein differenziertes Hilfesystem für diejenigen, die von Drogen abhängig geworden sind, Dein Freund und Helfer, es folgen ein paar Worte zur Entwicklungshilfe, die armutsbedingte Drogenanbauabhängigkeit zu beseitigen um “vor allen Dingen diesen Menschen auch wieder Chancen zur Teilhabe an einem menschenwürdigen Leben zu geben”. Merke: Drogenbauern führen ein Menschenunwürdiges Leben. Dann haben die Bolivianer also einen Drogenbauern zum Staatschef gewählt, um ihn aus der Abhängigkeitsspirale zu ziehen. Ein bewundernswertes Volk! Weiter noch: Deutschland fördert Bekämpfung des milliardenschweren illegalen Drogenhandel und Bildungs- und Infrastrukturprogramme.
“Und gibt es da bis jetzt Erfolge?” ~ “Ja, es sind auch dort Erfolge zu verzeichnen. Wie gesagt, in kleinen Schritten, das muss man ehrlicherweise und nüchternerweise auch sagen, aber es hat sich ein anderes Bewusstsein gebildet, und immer mehr Länder verfolgen eben auch diesen Ansatz. Und wenn wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen und uns realistische Ziele setzen und wirklich das Problem bei den Wurzeln packen, dann werden wir auch hier weitere Erfolge zu verzeichnen haben.”
Realistische Ziele, stimmt, das hatten wir vorhin schonmal, Wurzeln glaub auch, Erfolge, ähm, war das nicht der Anfang vom Gespräch?
Nachfrage nach Crystal Meth sei international gestiegen, auch in Deutschland? – Bei uns greife ein umfassender Ansatz von Prävention und auch von Beratung und von Behandlung, von Überlebenshilfen. “Und deswegen können wir hier feststellen, dass zum Beispiel Methamphetamin bei uns noch keine Rolle spielt, hab ich mich verhört, oder sagt sie wirklich “noch”?. dass dort der Konsum nicht gestiegen ist, weil eben hier wirklich dieser umfassende Ansatz greift.” Weil der umfassende Ansatz greift können wir feststellen, dass der Ansatz greift und es sich nicht bei den auch angeführten stagnierenden Zahlen der anderen Sparten um natürliche Schwankungen handelt. Geschenkt, denn es wird noch besser.
“Ist dabei die Entkriminalisierung der Konsumenten auch ein wichtiges Element?” ~ “Ja, also bei uns ist es vor allen Dingen wichtig, dass wir bestrafen vor allem den Drogenhandel und dessen wirklich, ich sag mal skrupellosen Profiteure. Wir bestrafen nicht die abhängigen Menschen, Entweder es gab eine unbemerkte revolutionäre Gesetzesänderung oder Strafe ist ein sehr dehnbarer Begriff sondern für diese abhängigen Menschen haben wir Hilfsangebote, vollkommene Freiwilligkeit garantiert, von drogenfreien Therapien bis hin zu medikamentengestützten Behandlungen, wie Methadonbehandlung oder auch das Modellprojekt der heroingestützten Behandlung für langjährige Abhängige. Weil diesen Menschen hilft jetzt nicht Ideologie oder reine Strafverfolgung, was, es gibt doch eine Strafverfolgung, oder reden wir jetzt von, ich sach mal skrupellosen Profiteuren? sondern eine wirklich medizinische Behandlung. Und diesem Ansatz haben wir uns verschrieben. Naja, das klingt echt unheimlich fortschrittlich und wie eine echte Kehrtwende, also wir gehen in die Quellenländer, machen die Felder kaputt, bringen dem Bauern bei, dass es klüger ist, Weizen anzubauen, als Pils, und zuhause nehmen wir Drogenhändler fest und sagen den Leuten dass es nicht gut ist, Drogen zu nehmen und bestrafen tun wir sie ja eh nicht. Weil das ja auch nicht hilft. Dann können wir ja langsam zum Schluß kommen.
“Caritas International sagt ja als Veranstalter der Konferenz über neue Wege in der Drogenpolitik, die heute in Berlin beginnt, dass es eine Welt ohne Drogen nie geben wird. Verabschieden Sie sich auch von diesem Ziel?” ~ “Gut, man muss wirklich realistisch sein. Wir wollen zwar, dass Menschen nicht abhängig werden von Drogen und auch dass der missbräuchliche Konsum zurückgeht, aber wir müssen davon ausgehen, dass es schwierig ist, wirklich eine vollständige Abstinenz vom Drogenkonsum zu erreichen, eine rauschfreie, eine drogenfreie Welt. Heißt das jetzt ja oder nein? Es ist sehr edel, zu wollen, dass Menschen nicht abhängig werden, aber muss man eine vollständige Abstinenz erreichen? Dieser Satz, der die ursprüngliche Frage klären sollte, enthält keine Aussage. Das wäre wirklich nur möglich zu einem sehr, sehr hohen Preis, der Einschränkung von Freiheitsrechten. Den zahlen wir doch gerne! Aber wir wollen dennoch eine deutliche Reduzierung von deren Verfügbarkeit, und wir wollen eine deutliche Reduzierung des Konsums, allerdings mit Mitteln der Kontrollen, der Aufklärung, der Stärkung von Lebenskompetenzen, nicht mit Mitteln des Zwangs und nicht mit missionarischem Eifer. Nichts ist geschützter vor der Verwechselbarkeit mit missionarischem Eifer, als die Forderung nach einer drogenfreien Welt und auf die gefahr hin, mich zu wiederholen, bestätige ich gerne ein weiteres Mal, dass bei uns von Zwang ja keine Rede sein kann. Und darüber besteht hier in Deutschland Konsens, und auch hier ist unser übergreifender Ansatz sicherlich das richtige Instrument.” Ähm,…, ach, was solls, danke fürs Gespräch!

Kategorie: Politisches Ein Kommentar »

Eine Reaktion zu “Ausgewürzt”

  1. psycho

    Ok, ich gebe zu, es ist mehr eine Nacherzählung, denn eine Zusammenfassung geworden, allerdings empfand ich eine so haarsträubende Steigerung des Unsinns und des offensichtlichen Ausweichens, dass ich das einfach fast in Gänze wiedergeben musste, um es nachvollziehbar zu machen.


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