Exkurso quodlibet

Kommen wir mal auf Bildung zu sprechen: In Intelligenz und Wissen liegen die zentralen Hilfsmittel, die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft gestalten zu können. Die entscheidende Fähigkeit ist hierbei, das Wissen mithilfe Phantasie sinnvoll kombiniert auf die aktuellen Aufgabenstellungen anwenden zu können.
Stellt sich nur die Frage, wie man sowas vermitteln kann, wie man diese Art des Arbeitens lehrt. Ich postuliere, dass ein schulisches Zusatzveranstaltungsangebot, das weniger schulisch rüberkommt und vielfältige Interessen anspricht und unkompliziert ausprobiert und wieder sein gelassen werden kann, einigen Zulauf haben könnte. Make Schule go Uni, so wie diese gerade aufhört zu sein.
Weniger schulisch würde beispielsweise bedeuten, kein Lehrplan, kein fester Ablauf, kein vordergründiges Lernziel, mehr Interaktivität. Denn wäre es so schlimm, wenn sich Schüler mit anderen Schülern und einem Lehrer freiwillig regelmäßig in der Schule treffen und dort nichts lernen? Dieses Risiko könnte man eingehen, denke ich. Unkompliziert auszuprobieren würde für mich bedeuten, die “Kurse” anzubieten, aber nicht vorher wählen zu müssen, sondern einfach zu kommen oder wieder fernzubleiben (sich wenigstens nach z.B. 2 Wochen noch dagegen entscheiden zu können).
Vielfältige Interessen… Damit nicht in irgendeinem fernen Mysterium Beamte wieder anfangen müssen, Konvolute über Interessensgebiete zu verfassen, schlage ich einen einfacheren Ansatz vor, für den man sich nur noch ein zwei Schutzeinschränkungen gegen Mißbrauch einfallen lassen müsste:
Soweit ich informiert bin, haben manche Lehrer Interessen. Einige von diesen beziehen sich auf ihr Fach, darüber hinaus, tiefer hinein, andere sind völlig unabhängig von ihrem abgeschlossenen Studium. Wichtig ist nur, dass es zum Teil Lehrer gibt, die auch etwas gern machen. Zweitens sind Lehrer Lehrer, das heißt, sie wissen zum Teil, mit Schülern umzugehen, und manche sogar, wie man Schülern etwas beibringt. Würde der Lehrer nun ein Hobby zeitweise mit seiner Schule teilen, könnte sich der Enthusiasmus des Lehrers für sein Hobby auf die Schüler übertragen, je nach Anforderungen des jeweiligen Angebotes würden sie dann unterschwellig und selbstverständlich sich Fähigkeiten aneignen, die dafür nötig sind.
Dazu müsste nichts weiter geschehen, als dass ein Lehrer das Recht bekäme, zum Beispiel zwei Stunden seines Deputats für das Angebot solch eines Kurses zu verwenden. Hat er keine Lust, ist es auch nicht schlimm, dann macht er halt regulären Dienst. Sicherheitseinrichtungen sind nur nötig, um ein Verkriechen in diesen Stunden zu verhindern.
Einen netten Effekt könnte es übrigens noch haben, wenn die Kurse nicht schulweit sondern schulbezirksweit besuchbar wären. So könnten sich erstens Nischenkurse einer breiteren Nutzergruppe präsentieren, zweitens möglicherweise schulübergreifende Freundeskreise in einen gemeinsamen Kurs gehen, was die Grenze zwischen Schule und Freizeit verwischen würde. Desweiteren würden sich möglicherweise so größere Netzwerke bilden.

Kategorie: Polito-Programmatisches 3 Kommentare »

3 Reaktionen zu “Exkurso quodlibet”

  1. Tobias Wichtrey

    Sehr gute Idee!

    Allerdings habe ich einen Einwand. Zumindest hatte ich den, als ich deinen Artikel erst zur Hälfte gelesen hatte. Die Schule soll hier in relativ großem Umfang Zusatzkurse verschiedener Art anbieten. Das wären Kurse, die in ähnlicher Art auch von anderen Institutionen angeboten würden, z.B. von Sportvereinen, Musikschulen, Theatergruppen, Schachclubs et cetera. Da könnte man einerseits einwenden, dass die Schulen dadurch den beasgten anderen Institutionen die (teilweise knappe) Kundschaft abwerben würde. Andererseits könnte man befürchten, dass der Staat, der ja schließlich in gewisser Weise kontrolliert, was in den Schulen abläuft, dadurch zu stark diese Angebote kontrollieren kann. Hier von Gleichschaltung zu sprechen ist wohl übertrieben, aber diese Angst könnte mitschwingen.

    Um meine Einwände gleich zu entkräftigen: Gegen meinen ersten Einwand könnte man einbringen, dass hierdurch die Schüler vielleicht erst auf den Geschmack gebracht würden, gewisse Sachen auch nach oder außerhalb der Schule weiterzuführen; oder dass so auch Schülern, die sich bspw. Musikunterricht oder die Mitgliedschaft in einem Sportverein nicht leisten könnten, die Möglichkeit gegeben wird, an solchen Kursen teilzunehmen. Mein zweiter Einwand wird eigentlich hinfällig, wenn es ganz in der Hand der Lehrer liegt, was angeboten wird und was nicht.

    Aber ansonsten ist das eine wirklich gute Idee. Man müsste aber sich auch noch Gedanken machen, wie man Lehrern einen Anreiz schaffen könnte, da etwas anzubieten. Denn das Ganze funktioniert nur, wenn ausreichend Angebot herrscht.

  2. psycho

    Danke erstmal.
    Dass dadurch die Freizeitbildung etwas verstaatlicht werden könnte, sehe ich ein, aber in diesem Fall, ist es mangels inhaltlicher Kontrolle nicht wirklich schlimm, wie Du bereits sagtest.
    Besonders, da das Angebot bzw. die Teilnahme absolut freiwillig ist, haben auch die Schüler eine gewisse Kontrollfunktion.
    Möglicherweise gäbe es ja auch ein Konzept, das es ermöglichte, Vereine (also zumindest ihren Jugendbildungsteil) in dieses System miteinzubinden, allerdings ist mir da noch nichts spezielles eingefallen, wobei ich mir durchaus vorstellen könnte, dass es für manche Vereine interessant sein könnte, Kurse in Schulen anzubieten, schon um vielleicht für später Mitglieder zu rekrutieren. Wichtig wäre dabei aber, dass versucht wird, die Qualität dieser vereinsgestützten Veranstaltungen auf gleichem Niveau zu halten, wie es bei den anderen (durch Lehrpersonal mit pädagogischem Studium) der Fall sein sollte.
    Das von Dir genannte “auf den Geschmack bringen” der Schüler ist für mich einer der wichtigsten Punkte und Argumente für dieses Konzept. Diese Einrichtung könnte eben gleichermaßen die Horizonte der Schüler erweitern, als auch ihre Einstellung zur Schule allgemein heben.
    Im übrigen würde ich gerne nicht nur Schüler bezüglich Bildung anfixen. Ich habe mir letztens mal überlegt, ob es wirklich auf Dauer ein Minusgeschäft wäre, wenn die Stadt Augsburg jedem gemeldeten Bürger zum Beispiel pro Jahr einen Gutschein für einen Volkshochschulkurs schenken würde. Möglicherweise freut sich der ein oder andere darüber und beschäftigt sich nun endlich mit der Geschichte des Hochmittelalters, wie er es schon lange mal tun wollte oder belegt Deutsch als Fremdsprache, damit er den Einbürgerungstest besteht. Das wäre sowieso (denn ich vermute irgendjemand wird wieder feststellen, das die Schose nicht bezahlbar sei) meine Mindestforderung. Schenkt doch bitte jedem neu angemeldeten Migranten den Deutschkurs einfach so. Das ist wirklich einfacher, als sich drüber aufzuregen, dass sies nicht können.
    Zuguterletzt: Das Angebot (jetzt wieder im Schulmodell) und der Anreiz für die Lehrer. Richtig ist, dass das System nur funktioniert, wenn das Angebot groß genug ist. Ich befürchte auch, dass manche Kurse überlaufen sein könnten, wenn sie etwas spezieller und trotzdem obercool sind.
    Ich dachte ehrlichgesagt eigentlich, das es schon ein Anreiz für den Lehrer ist, innerhalb seines Lehrauftrags freie Kurse anbieten zu dürfen. Er stellt sich sein Thema selbst, unterrichtet Schüler die wirklich freiwillig da sind, und das ohne Lehrplan-Zeitdruck, ohne Notendruck und so weiter. Und da diese Stunden als Teil seines normalen Deputats gelten, sind sie auch bezahlt, wie jede andere Schulstunde auch.
    Möglicherweise könnte oder müsste man auch den Anreiz vergrößern. Wenn man die Zahl der Kursbesucher hernähme zum Beispiel und dem sehr erfolgreichen Lehrer einfach die Berechtigung gäbe, im nächsten Jahr zwei zusätzliche Kursstunden anzubieten oder so. Das würde einerseits vielleicht den Anreiz erhöhen, andererseits die Überlaufungsproblematik dämpfen.
    Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob mir das Ergebnis schmecken würde, weil das wieder eine ungewollte Gewichtung der einzelnen Kurse untereinander produzieren würde, wenn der eine Lehrer sich inzwischen zwanzig Wochenstunden im Halfpipe-Kurs oder so verdingt, während der Kurs für elisabethanisches Englisch seinem Lehrer noch keine “Beförderung” eingebracht hat.
    Aber das sind alles kleine Probleme, die man immernoch rauskriegen könnte. Ich werde in meinen Vorschlag übernehmen, dass eine Erweiterung des Freideputats für Lehrer mit vielbesuchten Kursen um einmal zwei Stunden auf vier pro Woche gut wäre, eine größere Erweiterung wäre wohl nicht sinnvoll. Zumal man durchaus erwägen dürfte, für sehr beliebte Fächer “echtes” Lehrpersonal einzustellen bzw. abzustellen, aber das vertiefe ich jetzt nicht weiter.

  3. psycho

    Mir wurde noch etwas sehr interessantes zum Thema übermittelt (Vielen Dank dafür!). Offenbar hat der Bayrische Staat meine Idee vor nem guten Jahr geklaut und falsch umgesetzt, das Angebot ist zu gering, zu kontrolliert und was die Schwelligkeit betrifft ist es sehr interessant, dass mehrmals darauf hingewiesen wird, das Projekt quasi geheimzuhalten und nur geeignete Schüler darauf hinzuweisen:

    http://www.mbschwaben.de//index.php?option=com_content&task=category&sectionid=8&id=31&Itemid=65


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