Die Karwoche. Heute: Karotte.

Möhre, Karotte; Daucus carota.
Volkstümliche Namen: Mohrrübe, Gelbe Wurzel, Gelbe Rübe, Rüebli, Wulzel, Vogelnest.
Heilwirkung: Wurzeln: verdauungsfördernd, immunstärkend, antioxidativ, wurmtreibend; Blätter: wundheilend; Samen: entwässernd, Blut reinigend, Milch bildend bei stillenden Müttern, menstruations- und empfängnisfördernd.
Symbolische Bedeutung: Lichtbringer; Signatur der Liebesgötter, Mars und Venus; Königin Anna (England).
Plantetarische Zugehörigkeit: Merkur und Venus; Wurzel = Mars.

Die Möhre oder Karotte ist ein zweijähriger Doldenblüter, der im ersten Jahr seine Wurzel und seine Blattrosette ausbildet und die Kraft der Erde aufsaugt. Im zweiten Jahr wird er von kosmischen Lichtkräften erfasst, schießt in die Höhe und bildet eine fein gegliederte, weiß strahlende Dolde, die Käfern, Fliegen und kurzrüsseligen Insekten reichlich Nektar bietet. Charakteristisch bei der blühenden Pflanze ist das Vorhandensein einer einzigen purpurbraunen Blüte inmitten der weißen Dolde. Dawinistische Biologen können sich den Sinn dieser “Mohrenblüte” nicht erklären. In England nennt man die blühenden wilden Möhren, da sie wie sorgfältigt gehäkelte Spitzen aussehen, Queen Anne’s lace, also die “Spitzen der Königin Anna”. Die Mohrenblüte soll entstanden sein, als sich die gute Königin beim Spitzennähen in den Finger stach und ein Blutstropfen in die Mitte der Stickerei fiel. In den osteuropäischen Ländern hei0t die dunkle Blüte “der Mädchen ihre Schand” oder “Ehre des Mädchens”. Sie gilt als Signatur und deutet an, dass die Pflanze etwas mit Monatsblutung, fleischlichen Gelüsten und Fruchtbarkeit zu tun hat. In Siebenbürgen heißt es, dass das Fehlen oder die Größe des Blütenflecks mit Ehrbarkeit der Jungfrauen in Beziehung steht. Früher sei der Fleck größer gewesen, heute aber sei keine Scham mehr unter den jungen Leuten. Wenn eines Tages die Möhrenblüten überhaupt keinen Fleck mehr aufweisen, dann ist es nicht mehr lange bis zum Weltuntergang.
Während des Reifens der Samen zieht sich die Blütendolde vogelnestartig zusammen – daher der Name “Vogelnest”.
Die älteste Nachricht von der Möhre stammt aus Griechenland, wo die faserige, fingerdicke, weißliche Wurzel gelegentlich gekocht und gegessen wurde.
Ob die carvitas, deren Anbau Karl der Große auf seinen Ländereien befahl, oder das morkrud der heiligen Hildegard wirklich die Möhre war, ist ungewiss. Das slawisch-germanische Wort mohra hat lediglichdie Bedeutung von “essbarer Wurzel” und kann ebenso die Gelbe Rübe, die Pastinake wie auch die Zuckerwurzel (Sium siasarum) bezeichnen. Die knackige, orangefarbene Karotte, die heutzutage in unseren Gärten gezogen wird und die inzwischen weltwirtschaftliche Bedeutung erlangt hat, gab es damals noch nicht. Die gelbe, orangerote Mohrrübe wurde im 16. oder 17. Jahrhundert zuerst in den Niederlanden gezüchtet.
Besonders im Winter, wenn unser Körper unter “Lichthunger” leidet, tun uns die Gelben Rüben gut. Als das “Osloer Frühstück” – Haferflocken (über Nacht in Milch eingeweicht und mit etwas Rohrzucken gesüßt), denen man am Morgen frisch geraspelte Möhren hinzufügte – als obligate Schulspeisung eingeführt wurde, wurden die Kinder deutlich aufmerksamer und munterer.
Schon immer wurde die Möhre mit dem Geschlechtstrieb und der Empfängnis assoziiert. Das hat wohl weniger mit der phallusartigen Signatur der heutigen Gartenkarotte zu tun als mit den kosmischen Lichtkräften, die diese Pflanze zu vermitteln vermag. Wie uns die wahrhaft Sehenden mitteilen, sind wir selbst Lichtwesen, die sich , vom Feuer der Leidenschaft unserer Eltern angezogen, in einem materiellen Körper inkarnieren.
Der Renaissancebotaniker Hieronymus Bock (1539) lässt uns wissen, “die Rübsamenwurzel bekommt der Frucht im Mutterleib [macht fruchtbar], desgleichen all denen, so tröpffelecht harnen vnnd sonst im [Ehe]Werck unvermöglich [impotent] sind”. Wenn also Bugs Bunny, der freche, Möhren knabbernde Hase aus dem Cartoon, den lispelnden, unbedarften Sonntagsjäger Elmer Fudd neckend fragt: “What’s up, Doc?”, dann ist das eine Anspielung auf uralte Assoziationen: Hasen wie auch Möhren verkörpern seit eh und je sexuelle Potennz und Fruchtbarkeit. Moderne Phytochemiker sagen es auf ihre Art: Die Pflanze enthält Porphyrine, welche die Ausschüttung gonatotropher Hormone durch die Hypophyse anregen.
Wolf-Dieter Storl: Bekannte und vergessene Gemüse. Eintrag gekürzt wiedergegeben.

Kategorie: Allgemein Kommentieren »


Kommentar schreiben? Gerne, nur zu!

Kommentar