Presseschau

Es ist mal wieder Zeit, den Äther mit meiner Existenz zu belästigen, diesmal in Form eines Echos. Mir ist es nämlich in der verganenen Zeit über eine längere Phase nicht gelungen, meine Nachrichten zu lesen, weswegen auf ein Mal viele viele auf mich einprasseln mussten, wodurch auch die Zahl der interessanten steigt (leider natürlich auch die der uninteressanten). Jedenfalls denkt man sich dann an einem Tag zehnmal, dass man dazu auch was zu sagen hat. Dieser Tag war zwar nicht heute, trotzdem möchte ich das jetzt erledigen.

Fangen wir ganz leicht an: Die Vorratsdatenspeicherung ist weg. Juhuu! Das schlimme ist nur, es läuft wieder im inzwischen Üblichen Modus ab. Einst sagte man nach einem Verfassungsgerichtsurteil meist “sorry, das is wohl ein bisschen schief gelaufen”, inzwischen heißt es aber nur immer “oh mann, scheiße, wir werden alle sterben, was soll denn der scheiß, spinnt ihr, oder was” und man sucht (immerhin denkt man da das erste mal drüber nach, allerdings nicht substantiell) sofort nach einer umgehenden Lösung, die das gleiche kann, aber nicht verboten wird. Als einzige Hoffnung bleibt mir dabei, dass sie, weil sie nicht verboten wird vielleicht doch nicht das gleiche kann. Ok, das war jetzt vielleicht doch nicht so leicht.

Nächster Versuch: Konservative haben einen geringeren IQ. Ja, das kann ich bestätigen. Naja, nicht wissenschaftlich, aber ich habs halt schon immer gewusst. Sie sind deswegen konservativ und/oder religiös, weil sie nicht die Intelligenz haben, sich auf einer umstrittenen Position und in ungeklärtem Terrain sicher bewegen zu können und halten sich an altbewährtes. In diesem Zusammenhang muss ich nur noch rausfinden, wie ich meinen konservativen Kern so ummünzen kann, dass er nicht meine Intelligenz bedroht. Oder möchte ich das etwa doch? Denn die dummen, religiösen Konservativen haben nunmal laut der Studie auch mehr Geld und sind zufriedener. Da tut man sich also doch am leichtesten, wenn man dumm ist und sich dann der altbewährten Einbildung intelligent zu sein hingibt. So hat man Intelligenz und Sicherheit. Man muss nur schlau genug sein, sich nicht testen zu lassen. Aber wäre das nicht wieder ein Zeichen eines hohen IQ und würde einen wieder unglücklich machen, weil er ja niedrig sein muss, oder ist man dann doch froh, als intelligent zu gelten…

Ich versuchs nochmal: Surfverbot für Raubkopierer. Schon wieder so ein Grundrechts-, Kommunikations- und Internetdings. Und schon wieder merkwürdig. Das Copyright is ja sowieso etwas, wos schon lange Reformbedarf gibt, weils vielleicht noch nie ganz gepasst hat und man auch sieht, dass es nicht funktioniert, wenn die Technik mehr kann. Aber darum gehts garnicht. Verstörend ist für mich, dass die EU meint, man müsse darüber (also jetzt wieder über dieses Surfverbot) unter Ausschluß der Öffentlichkeit beraten, merkwürdigerweise dürfen aber Firmenkonsortien mithören, wenn sie Verschwiegenheit versprechen. Kann man eine Vorgehensweise konstruieren, die noch mehr nach Mauschelei aussehen würde? Verstörend aber auch noch was anderes. Nämlich der Inhalt selbst. Vielleicht habe ich ja doch falsche Vorstellungen darüber, was das Internet geworden ist, welche Bedeutung es in vielen Gesellschaftsbereichen hat und so weiter, aber irgendwie klingt mir “Surfverbot für Raubkopierer” nach “Beinamputation für Ladendiebe”, nur nicht so effektiv. Man möchte also Leute von einem Ort fernhalten, an dem sich inzwischen fast mehr gesellschaftliches Leben abspielt, als auf dem Bürgersteig, damit sie etwas nicht machen können, wofür sie diesen Bürgersteig zufällig benutzen müssen. Das klingt erstmal merkwürdig. Aber so schlimm ist es ja nicht, denn so hart es sein mag, was diese großen Experten sich da ausgedacht haben, es wird wahrscheinlich toll klappen. Ich erklärs mal mit einem Gleichnis: Da waren einmal drei Männer, denen der König verboten hatte zu telefonieren, weil sie für fremde Leute Pizzen bestellt hatten, die diese doch überhaupt nicht wollten. Der erste bat seine Schwester, ihm ihr Handy zu leihen, der zweite fragte seine Freundin, ob sie vielleicht das Telefon für die gemeinsame Wohnung anmelden wolle, der dritte ging in eine Telefonzelle. Und wenn sie nicht gestorben sind, ist die Pizza in 10 Minuten da.

Ich finde, das war jetzt doch recht einfach. Nur soll ich jetzt mit plumper Politik mit oder ohne Internetbezug weitermachen? Mit. Die United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) zensiert sich selbst. Aber es is ja auch echt doof, wenn man sich mal in deren Lage versetzt. Ständig versuchen offizielle Stellen wie diese mit immer neuen Studien zu untermauern, dass erstens alles Drogen sind, was man darunter verstehen will und zweitens genau diese die schlimmsten der Welt sind. Und immer wieder passiert es, dass diese Studien seltsamerweise was anderes aussagen, vielleicht sogar das Gegenteil. Na gut, manchmal passt die Aussage der Studie schon, aber dann schaffts wieder einer nachzuweisen, dass die Studie getürkt oder unwissenschaftlich war. Aber zurück zum aktuellen Fall. Der Mitarbeiter, der das Ergebnis der Studie geschickt bekommen hat, war wohl so ein Naivling, der denkt, wenn ein Ergebnis da ist, muss man es der Öffentlichkeit mitteilen. Also hat er es auf die Institutionsseite gestellt. Gottseidank hat sich irgendwann noch ein politisch versierterer Kollege die Sache angesehen und sofort dafür gesorgt, dass die Sache etwas bereinigt wurde, insbesondere die Passage entfernt, in der die Studie fälschlicherweise zu dem Ergebnis kommt, die strafrechtliche Verfolgung des Gebrauchs einer Rauschgiftsubstanz aus einer obskuren Faserpflanze habe keine verringernden Effekte auf die Zahl der Konsumenten, dafür vergrößernde auf die kriminellen Folgehandlungen der Delinquenten, bewirke dafür aber eine vollkommene Ausschaltung des Jugendschutzes und sorge, so gesundheitliche Schäden ausbleiben, wenigstens für gesellschaftliche Ausgrenzung durch die Bestrafung selbst. Lustigerweise – unsere Internetspezialisten von oben werden das ja wissen – gibt es diverse Server, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Seiten zu Archivieren, um sie auch dann noch betrachtbar zu halten, wenn sie im Original geändert wurden. Nun, beide Links, zur neuen und zur alten Seite finden sich auf der Seite des wunderbaren TAZ-Blogs zu solchen themen, den ich oben zitiere.

Und jetzt ohne Internetbezug: Ich verstehe nicht, dass Leute keine Bezüge herstellen können. Ich habe schon nicht verstanden, warum man sich über das lesen von fremden Emails in Grundsatzdiskussionen verstricken muss, wenn es ein Briefgeheimnis gibt. Kann einem tatsächlich diese Parallele entgehen? Und wie kann man etwas Online-Durchsuchung nennen und dann trotzdem übersehen, dass es schon etwas wie eine Hausdurchsuchung gibt, wobei der Unterschied nur ist, dass man durch ein Portal statt durch ein Port kommt und die Ordner schwerer zu tragen und aufwendiger zu kopieren sind? Und jetzt ratet mal, wer eine Online-Durchsuchung erlauben muss (Hinweis: die Hausdurchsuchung genehmigt ein Richter)? Diesmal ist den Leuten total entgangen, dass es eine Ähnlichkeit zwischen Parteispenden und Parteisponsoring geben könnte. Kann man ja auch mal übersehen. Um transparent zu machen, ob jemand versucht, eine Partei zu bestechen, müssen Spenden größer 10’000 Euro oder so spendernamentlich veröffentlicht werden. Das Gesetz hat man leichtfertig in einer Zeit gemacht, in der die Sache mit der Schweiz und Luxemburg noch einfacher war. Nur muss mans jetzt halt anders machen: man lässt sich nichts spenden, aber lässt sich halt was sponsern. “Du darfst mir zwar kein Geld geben, dass ich mir eins kaufen kann, dann gib mir halt einfach ein Bier AUS.” Das ist durchaus clever, schade aber, dass nie einer auf die Idee kommt, öfter als einmal zu behaupten, dass er der Meinung ist, dass das eine bösartige und keine blödartige Umgehung von Kontrollmechanismen war. Die scheinens auch nicht mehr nötig zu haben, denn nun hört man wieder, dass die Spender einer (wechselhaft) großen liberalen Partei erstaunlich oft die Entourage eines gewissen Außenministers, der Hotels voll cool findet, stellten.

Und jetzt was wirklich einfaches, da muss ich garnicht viel selber dazuerfinden, ich wollts nur erwähnen, weils mich fasziniert: Das Erdbeben in Chile verschob die Erdachse. Kurz und schmerzlos: beim Rütteln verschieben sich Massen richtung unten/innen, dadurch wird die Erde grundsätzlich mal schneller (man erinnere sich an den Eiskunstläufer, der sich auf dem Bürostuhl im Kreis dreht und, weil er die Möbel nicht mit den Kufen verkratzen will und die Ming-Vase nicht vom Beistelltisch schmeißen, Arme und Beine anzieht und dadurch so schnell wird, dass ihm dann schlecht wird und er blöderweise den Perserteppich vollkotzt. Ich glaub, dafür gabs ne Bronze-Medaille.) Und je nach Lage zum Äquator kann sich dadurch eben auch die Schieflage ändern. Toll.

Zum Schluß wirds nochmal kompliziert: Mir ist eine weitere Parallele aufgefallen, die allerdings – wie ich zugebe – diesmal nicht nötigerweise bemerkt hätte werden müssen/sollen. Diese Parallele betrifft “Sexualassistent” und “sexuelle Dienstleister”. Letzteres ist eine mit dem Tafeldienst vergleichbare Aufgabe, zu der man bisweilen im Odenwald-Internat eingeteilt werden kann, insbesondere wenn wichtige Gäste die Modellschule besuchen kommen. Seien wir froh, dass die Zeit offenbar reif war, das Thema (das erstaunlich weit verbreitet ist) endlich debattiert wird. Leider muss man bei solchen Themen immer auch hoffen, erstens, dass man überhaupt sinnvolle Schlüsse daraus zieht und ebensolche Maßnahmen ergreift (vor allem Bildungspolitiker zeichnen sich durch bemerkenswerte Idiotie aus, wenn es darum geht, geeignete Schritte für oder gegen etwas einzuleiten), zweitens, dass es nicht zu viele Unschuldige trifft. Nicht falsch verstehen, man sollte jeden dieser fiesen Wichser zur Rechenschaft ziehen, vor allem auch die, die gewußt und gedeckt haben, aber in solchen Zeiten ist es leicht mal möglich, gesteinigt zu werden, nur weil man als Sportlehrer dem Jungen mit dem gebrochenen Bein geholfen hat.
Die Sexualassistentin in dem anderern Artikel hingegen mass(turb)iert [schade, dass es nicht ganz hinhaut] auch Menschen, deren Zustimmung zum teil nicht ganz gesichert erscheint. Diese Menschen sind nämlich dement. Mit den aussetzenden Kontrollmechanismen verschwinden die Hemmungen und die Triebe schlagen teilweise ungefiltert durch, was Probleme verursacht, weil Opa zum Beispiel anfängt, ständig rumzugrapschen. Die Sexualassistentin lässt den Trieb sich abreagieren und er flammt weniger auf. Der Gedanke fühlt sich merkwürdig an, klingt aber ehrlich betrachtet doch logisch. Es gibt einfach immer wieder überraschende Berufsbilder.

Kategorie: Allgemein, Linkisches, Politisches Kommentieren »


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