Kauder

Vom Herrn Volker Kauder konnte ich gestern ein Interview in der SZ lesen. Wochenendausgabe. Man sprach so über allerlei, aber vieles hat mich geärgert, weils irgendwie keinen Sinn ergibt.
So sprach man über Steuererhöhungen. Ich bin zwar selbst nicht entschlossen, ob es sowas braucht oder nicht, aber die Frage, warum man durch die “Einsparungen auf der Ausgabenseite” imzuge des Sparpakets der Bundesregierung – das er sofort auf “Zukunftspaket” berichtigen musste – einseitig die schwächeren sozialen Schichten belaste, etwa zu antworten, weil man im Koalitionsvertrag beschlossen habe, es gebe keine Steuererhöhungen, bringt inhaltlich überhauptnix, zeigt lediglich, dass man auch in Krisenzeiten grundsätzlich mehr geneigt ist, Parteipolitik und Klüngelbefriedigung zu betreiben, als sich mit den Problemen ernsthaft auseinanderzusetzen.
Auch sprach man über die Laufzeitverlängerungen. Sie würden kommen, auch wenn man sich noch nicht ganz einig sei, sagte er. Allerdings würden auf jeden Fall die Brennelementesteuern nur dann kommen, wenn auch die Laufzeiten verlängert würden. Argumentieren tat er damit, dass das ja sonst nur die Energiepreise hochtreiben würde. Ja, aber, sag ich da. Das Problem ist in diesem Themenkomplex ein ganz ein anderes. Diese Dinger spucken ständig monströse Gewinne aus und tun gleichzeitig so, als würde der Strom, den sie produzieren fast nix kosten. Die ganzen Kostenrisiken, die hinten dranhängen, trägt aber der Staat, da geht es im optimalsten Fall nur um wissenschaftliche Beobachtung über Jahrtausende (da kann man ja mal die Lohnkosten überschlagen und mit den Rücklagen der Betreiberfirmen vergleichen); wenn etwas mehr los ist, wird es gleich viel teurer (wer räumt denn die Asse aus?).
Wenn die ganzen Kosten am Staat hängen bleiben, dann verdient dieser auch die Gewinne, den Betreibern steht zu, was zum betreiben notwendig ist. Plus Trinkgeld. Eine Steigerung der “Erzeugungskosten” für Atomstrom würde diese Kosten also nur etwas näher an die Realität bringen.
Noch ein Thema war die Wehrpflicht. Sein wichtigstes Argument gegen Abschaffung war, dass dies das einzige Band sei, das die Gesellschaft mit dem Militär verbände. Außerdem benenne das Grundgesetz fast nur Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat und die Wehrpflicht sei eine der wenigen aus fairnessgründen wichtigen Pflichten des Bürgers. Und wie schlimm es sei, das oben genannte Band nicht zu haben, habe man mehrmals in unserer Geschichte sehen können. Nein, Herr Kauder! Pflichten gegenüber dem Staat kann es nicht nur aus fairnessgründen geben. Der demokratische Staat versteht sich nicht als um seiner Selbst willen existent, sondern nur als Notlösung für bestimmte Probleme im Zusammenleben der Menschen. Seine einzige Aufgabe ist, dem Bürger zu dienen und er soll dazu lediglich vom Bürger verlangen, was für diese Aufgabe unumgänglich nötig ist. Im übrigen lief wohl die Wehrpflicht in unseren geschichtlich schwärzesten Zeiten am besten und man konnte schon wunderbar sympathiebildend im Kindesalter in der HJ gleichsam vorrekrutiert werden. Ich finde das trotzdem nicht erstrebenswert. In Ländern mit Berufsarmee geht es eben darum, deren Einsätze und Aufgaben in sachlichen öffentlichen Diskussionen festzulegen und kritisch zu beobachten, denn genau das schafft Rückhalt in der Bevölkerung.

Kategorie: Politisches Ein Kommentar »

Eine Reaktion zu “Kauder”

  1. Minnafee

    Sehr scharfsinnig – danke, lieber Michael. Vor allem die Reflexionen über den Staat und die Bürgerpflichten. Bin sehr deiner Meinung!


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