Teilnahme am politischen Geschehen

Erstens: Die Wahl zum Bundespräsidenten. Meine Meinung ist hinreichend bekannt bzw. aus den vergangenen Beiträgen herauszulesen: es gehört mehr direkte Demokratie nach Deutschland, insbesondere ist dem sachfernen Parteigeklüngel nach Möglichkeit Einhalt zu gebieten, da dieses letztendlich nur zu Macht- und Pfründesicherung führt. Die Forderung nach mehr direkter Demokratie ist nicht per se als Allheilmittel zu verstehen, sondern möglicherweise nur als Krücke, um den Parteienunwuchs einzudämmen, denn auch Mehrheitsentscheidungen des Volkes sind nicht grundsätzlich gut oder richtig, allerdings besser legitimiert, Normenkontrollen werden auch dann wichtig und nötig sein.
Um Sachbezug und parteipolitisch belohnungsfernen Hergang der Kandidatenkür zu symbolisieren, ist Gauck zweifelsfrei die bessere Wahl, da ist es auch unentscheidend, dass er seitens der Opposition eine strategische Personalkür darstellt. Desweiteren würde ich mich einfach freuen, diesen eloquenten Mensch mit klaren Überzeugungen und einer faszinierender Vita an dieser wohlgehörten Stelle zu haben. Sein Gegner scheint mir – zugegeben, man kennt ihn hierzulande nicht wirklich gut – eher langweilig und unaufregend; um es neutraler zu formulieren: möglicherweise qualifiziert ihn seine Eigenschaft, ein erfahrener Politiker zu sein, der auf Polarisierung offenbar weitgehend verzichten zu können, für das angestrebte Amt. Übertriebene Rundheit ist allerdings zu nahe an Idealfreiheit. Zuletzt fehlt ihm eher – zumindest in dieser Personalkonstellation – der Nimbus des positiven Symbols für die Demokratie, den sein Gegner besitzt, dafür kann er zwar nichts, aber wenn nicht beim Bundespräsidenten, wo ist denn Symbolismus wichtig. Also:
( ) Wulff
(X) Gauck
( ) die eine Frau, die Gauck böserweise für den letzten Stasichef aber irgendwie die Stasi bzw. DDR für garnicht schlimm hält.

Zweitens: Volksentscheid Nichtraucherschutz. Nachdem ich nun sowohl das gültige Gesetz, als auch das vorgeschlagene gelesen habe, möchte ich – bekennender Gelegenheitsraucher mit Tendenz zum abstinenzprobenden Süchtling – wie folgt die wenigen für mich entscheidenden Punkte zusammenfassen:
– das Volksbegehren beseitigt die Möglichkeit, in Gaststätten und Discos Rauchernebenräume einzurichten vollständig,
– auch Festzelte werden ausnahmslos entwöhnt.
Ansonsten finde ich im Begehren keine nennenswerten Änderungen, vielleicht abgesehen von der Beseitigung der “Innovationsklausel” (offenbar sehen die Begehrenden nicht die Möglichkeit, dass beispielsweise ein technisch erzeugter Luftstrom die per definitionem passive Ausbreitung des Rauches zielgerichtet beeinflussen kann und dass es dadurch dem Nichtraucher möglicherweise besser ergehen könnte als auf der Terrasse, wo die Windrichtung weniger technisch bestimmt sein kann).
Ich muss zu dem Schluss kommen, dass ich das Begehren ablehnen muss. Zwar hätte ich gerne diese idiotosche vollkommene Ausnahme von Festzelten auch gerne aus dem Gesetz getilgt, denn auch hier wird man wohl erwarten dürfen, dass man sich um eine für beide Lager annehmbare Lösung bemüht, Machbarkeiten austestet und nicht alles mit einem vorgeschobenen Verweis auf “Bierzeltkultur” und “Probleme in der Umsetzung” wegwischt, denn genau das hat man dem normalen Wirt auch nicht gestattet, denn auch dieser fürchtet existentielle Ängste, die möglicherweise gerechtfertigter sind als die der Gelddruckmaschinen auf der Theresienwiese.
Trotzdem, dem werde ich nicht zu dem Preis folgen, die unversöhnliche Haltung der Initiatoren des Volksbegehrens zu stützen. Die Haupträume der Gaststätten, die Tanzflächen der Discos, alle öffentlichen Einrichtungen sowieso, Jugendeinrichtungen auch selbstverständlich, sind rauchfrei und das sollen sie auch bleiben (Einraumkneipen sind ein Problem, ok, aber auch dort muss man nicht hin). Jetzt im erneuten Anlauf alle miesen Raucher auf die Straße zu werfen zu versuchen, ist Revanche, sonst nichts. Auch ihr beseitigt nicht die Zigarettenautomaten, an denen – in Chip-Zeiten halt mit Mamis Ausweis – Jugendliche seit Jahrzehnten stressfrei an Kippen kommen (aber sie rauchen ja immerhin sozialfreundlich im Freien) und auch ihr macht keine Kohle locker für Aufklärungs- und Entwöhnungskampagnen, Sportförderung und was noch alles Gesellschaften suchtärmer macht.
Ich stimme – ohne es mir unnötig leicht zu machen – mit NEIN.

Kategorie: Politisches 2 Kommentare »

2 Reaktionen zu “Teilnahme am politischen Geschehen”

  1. Tobias Wichtrey

    Zu Zweitens: Dass Rauchernebenzimmer generell verboten sind, halte ich in der Sache auch für übertrieben. Allerdings ist das wohl einfach die Konsequenz daraus, dass Einraumkneipen keinen Platz für Raucherräume haben. Wenn man Raucherzimmer zuließe, müsste man gerechterweise das Rauchen in Einraumkneipen zulassen.

    Das find ich aber nicht gut, da dadurch (etwas übertrieben formuliert) die Nichtraucher aus den Einraumkneipen vertrieben würden.

    Ich muss leider los, sonst würd ich noch mehr drüber schreiben. Ich hab jedenfalls heute meine Briefwahlunterlagen mit dem Kreuz bei JA! eingeworfen.

  2. Minnafee

    Ebenfalls zu zweitens. Obwohl ich schon wieder ganz deiner Meinung bin, möchte ich anmerken, daß deine Überlegungen viel zu differenziert sind, wo’s doch nun ums Prinzip geht – oder nicht?


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