Troja

Jetzt muss ich mal ran und das mir Wichtigste in Kürze zusammentragen: Dieser Fall ist deswegen so schön, weil sich die Beschuldigten nicht mal ansatzweise mit der Technik auskennen und wohl auch deswegen so planlose Breiumredungen machen, bei denen sie sich regelmäßig verplappern. Salamitaktik funktioniert halt nur, wenn man selbst die Salami hat.
Nun aber die brühwarme Mischung aus Fakten und meinen Überzeugungen: alle Verantwortlichen gehören, speziell die Weisungsgebenden, gehören ausnahmslos vor Strafgerichte gestellt und auch verurteilt, denn sie haben wissentlich Bürgerrechte gebrochen und damit auch reguläre Gesetze und Gerichtsentscheidungen mit Gesetzescharakter ignoriert. Gerade das Vorhandensein letzterer beseitigt das eventuelle Grauzonenargument und Unwissenheit kann mit steigender Position immer weniger vor Strafe schützen. Da es sich um einen rechtsstaatlich-demokratischen Präzedensfall (gemeint ist ein echter Rechtsstaat) handelt, verzichte ich ausnahmsweise auf die Forderung nach sofortiger Exekution der genannten Personen. Ein kleiner Dank an dieser Stelle an die Piraten, die sich um die Strafanzeige gekümmert haben, bleibt abzuwarten, wie viele Formfehler die strafvereitelnden Behörden in das Verfahren einpflegen können.
Schwere gewinnt die Übertretung, indem das Schweregebot ignoriert wurde, das Trojanereinsatz nur in empfindlich-rechtsstaats-gefährlichen Fällen gestatten sollte; eben um auch durch den sonstigen Nichteinsatz den Rechtsstaat nicht zu gefährden (aber solche Feinheiten können von Ministern und Ermittlungsbehörden nicht erkannt werden und weil erstere die Zahl der Ermittlungsrichter kontrollieren und damit rückwirkend die Zeit pro zu entscheidendem Fall shapen, haben letztere offenbar auch Probleme damit).
Eine Mischung aus scheiße peinlich, scheiße blöd und einfach scheiße ist dann auch, mit wie wenig Sachverstand (oder brachial-doofer Rücksichtslosigkeit) vorgegangen wurde, bei der Besorgung und der Bewertung der Software. Sich einen Trojaner zu basteln (oder zu kaufen), dessen Ergebnisse keiner Beweismittelprüfung (zumindest in technisch-versierter Hinsicht) standhalten würden, weil die Beweismittel über die USA zwischenversand wurden (und dort verändert werden konnten), weil die mäßig verschlüsselte Kommunikation jederzeit zulässt, dass andere Rechner so tun, als wären sie der ausgespähte Rechner (und somit eh was ganz anderes abliefern könnten), weil die im Trojaner angelegte Nachladeroutine sowieso jedem (und unverschlüsselt!) ermöglicht, eventuelle Beweise auf den infizierten Rechner unterzuschieben, deutet auf scheiße blöd. Dass der Code für diese definitiv verbotene Nachladefähigkeit als einziger fein säuberlich über den ansonsten leichter nachvollziehbaren Code verteilt wurde, so dass man ihn auf den ersten Blick nicht erkennen kann und vielleicht beim zweiten übersieht, wirkt wiederum brachial-doof rücksichtslos. Und schon zuckt mein Exekutionsfinger wieder.
Ich sehe einfach keine brauchbare Möglichkeit an Kommunikation zu kommen, die angreift, bevor durch Übertragung die Kommunikation erst eingeleitet wird, denn entweder kann man stattfindende von vorbereitender Kommunikation nicht unterscheiden oder man kann hinterher nicht unterscheiden, ob jetzt die Kommunizierenden kommuniziert haben oder der Lauschende sich was zusammengelauscht. Das ist ein inhärentes Problem, das man nunmal akzeptieren muss. Aber ich gebe gern nochmal Nachhilfe bezüglich des Kommunikationsmodells:
Wenn ich denke “ihr Arschlöcher!”, dann ist das keine Kommunikation (kein Sender). Wenn ich jetzt gerade tippe “ihr Arschlöcher!”, dann ist das keine Kommunikation (kein Empfänger). Aber jetzt drücke ich dann auf veröffentlichen drücken, damit sende ich Code durch ein Medium zu sowohl bestimmten als auch unbestimmten Empfängern. Jetzt ist es Kommunikation. Ihr Arschlöcher!

Kategorie: Politisches 2 Kommentare »

2 Reaktionen zu “Troja”

  1. Tobias Wichtrey

    Ein kleiner Kommentar, der am Thema vorbeigeht, da ich dir in der Sache eh zustimme:

    Wenn du “ihr Arschlöcher!” tippst, kann dieses Tippen mit einem geeigneten Empfänger elektromagnetischer Wellen doch empfangen werden, oder? Und man kann daraus ersehen, was du getippt hast, oder?

    Ist dann nicht das Tippen alleine schon eine Art Rundfunk?

  2. psycho

    Das geht doch nicht an der Sache vorbei, denn fast trifft es schon wieder den Kernpunkt: Du hast recht im Bezug auf das Kommunikationsmodell, diese ungewollte Kommunikation ist hier auch Kommunikation, da es den von Dir gezeigten Kanal gibt.
    Nur darfst Du diesen geeigneten Empfänger nicht benutzen und mir schon garnicht willentliche oder wissentliche Kommunikation unterstellen.
    Du könntest ja auch mit geeigneten Hörverstärkern aus dem Nachbarhaus das Kratzen und Schaben meiner Schreibfeder aufzeichnen und genialerweise so gut interpretieren, dass Du weißt, was ich geschrieben habe. Auch das darfst Du nicht. Und ob es dann ein Brief ist, weißt Du trotzdem erst, wenn ich ihn zum Briefkasten bringe.

    Es bleibet dabei, die Gedanken sind frei.


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